Deutscher Hauswirtschaftsrat wehrt sich gegen eine mögliche Abschaffung von Pflegegrad 1.
Berlin, 2.10.2025: Der Entlastungsbetrag, der Menschen in Pflegegrad 1 zur Verfügung steht, ermöglicht es derzeit ca. 860 000 Menschen, mit Hilfe von ambulanten und hauswirtschaftlichen Diensten sowie pflegenden Angehörigen länger in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben. Daher fordert der Deutsche Hauswirtschaftsrat, dass Pflegegrad 1 bestehen bleibt.
„Wir sind entsetzt, dass diese Hilfe von der Politik in Frage gestellt wird. Es ist allgemein bekannt, dass dieser präventive Ansatz vor weiterer Pflegebedürftigkeit schützt und deren Eintreten hinauszögert. Eine Abschaffung von Pflegegrad 1 wird langfristig weit höhere Kosten verursachen,“ so Ursula Schukraft, Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrats.
Die geplante Abschaffung von Pflegegrad 1 wäre ein fatales Signal an die Betroffenen, ihre Angehörigen und die gesamte Gesellschaft. Fast 1 Mio. Menschen in Deutschland profitieren derzeit vom Entlastungsbetrag, der es ihnen ermöglicht, mit hauswirtschaftlicher und ambulanter Unterstützung länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben. Diese Hilfe infrage zu stellen bedeutet, den Menschen genau das Fundament zu entziehen, das Pflegebedürftigkeit hinauszögert und Lebensqualität erhält.
Eine Streichung wäre kurzsichtig und volkswirtschaftlich kontraproduktiv. Bereits heute ist absehbar, dass steigende Pflegekosten, der zunehmende Fachkräftemangel sowie die Überlastung pflegender Angehöriger die Pflegeversicherung vor enorme Herausforderungen stellen. Gerade deshalb ist es notwendig, präventive Maßnahmen zu stärken anstatt sie abzubauen. Wer an dieser Stelle spart, riskiert höhere Kosten durch frühzeitige Pflegebedürftigkeit und vermehrte stationäre Unterbringung.
Unterstützungsbedarf beginnt nicht erst bei körperbezogenen Pflegetätigkeiten, sondern bereits bei alltäglichen Anforderungen wie Ernährung, Hygiene, Haushaltsführung und sozialer Teilhabe. Hauswirtschaftliche Unterstützung wirkt dreifach:
- Schutz: Hauswirtschaft beugt Stürzen, Mangelernährung und sozialer Isolation vor. Darüber hinaus bieten Qualitätsanforderungen Schutz vor Ausbeutung und mangelhafter Dienstleistung durch ungeeignetes Personal.
- Entlastung: Hauswirtschaft unterstützt Angehörige und Pflegekräfte und reduziert deren Belastung.
- Kosteneffizienz: Sie verzögert oder verhindert teure stationäre Unterbringung, die die Gesellschaft bis zu 50 % mehr kosten würde. Der weit verbreiteten Schwarzarbeit in diesem Bereich wird die Grundlage entzogen.
Über 70 % der Pflege in Deutschland wird durch Angehörige geleistet – oft bis an die Grenze der Belastbarkeit. Gerade für sie ist Pflegegrad 1 ein entscheidender Puffer, der es ermöglicht, Pflege zuhause länger und in Würde zu erbringen. Wird dieser entzogen führt das nicht zu Einsparungen, sondern zu noch stärkerer Überlastung, zu mehr Heimeinweisungen und zu höheren Kosten. Des Weiteren werden entstehende Kosten auf die Sozialhilfe und die Kommunen verlagert.
Unser Appell an die Bundesregierung:
Pflegegrad 1 darf nicht abgeschafft werden! Im Gegenteil: Er muss ausgebaut werden, um Menschen die Chance zu geben, so lange wie möglich gesund, selbstbestimmt und mit Würde zuhause leben zu können. Jede Kürzung an dieser Stelle trifft die Schwächsten und schwächt unser Pflegesystem insgesamt.
Der Deutsche Hauswirtschaftsrat steht bereit, gemeinsam mit Politik und Gesellschaft tragfähige Lösungen zu entwickeln.
Informationen zum Deutschen Hauswirtschaftsrat
Der Deutsche Hauswirtschaftsrat ist der Zusammenschluss der Akteure in der Domäne Hauswirtschaft. Er ist die politische Interessenvertretung der Hauswirtschaft, der Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft, Partner für die Institutionen der Berufsbildung und für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Seine Akteure kommen aus den Bereichen Verbände und Organisationen, Schulen und Bildungsträger, Einrichtungen der Jugendhilfe, Altenhilfe, Agenturen für haushaltsnahe Dienstleistungen, Beratungsunternehmen, Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung, Industrie und Hochschulen. Der Deutsche Hauswirtschaftsrat vertritt über 500.000 Mitglieder und Mitarbeitende sowie über 100.000 Leser*innen der Verbandszeitschriften.
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